Arena: „Pro Schweiz“ auf Abwegen

Gedanken zum Auftritt von Oberst Rietiker in der “Arena” vom 07.10.2022

Stephan Rietiker, Oberst und Befehlsempfänger von Christoph Blocher, hat unser Schweizerisches System in der Arena als «Unternehmung» bezeichnet. Dabei begann er mit «Geschäftsleitung = Bundesrat», dann «Verwaltungsrat = National- und Ständerat», dann «Mitarbeiter = Volk». Diese Wahnsinnsdarstellung entspringt einer wilhelminischen und diktatorischen Grundhaltung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, jedoch unter keinem Aspekt dem in der Schweiz aus dem Volk heraus gewachsenen föderalistischen demokratischen Verständnis.

Auch wenn der neue Mann von «Pro Schweiz» unter einer geistigen Geschwindigkeitsbeschränkung leidet, darf seine Aussage nicht unbeantwortet stehen bleiben. Denn sie bedeutet, dass man das Volk nicht zu befragen hat. Mitarbeitende können nach dem Bild Rietikers entlassen werden und haben zu gehorchen. Das entspricht genau dem Bild für den Staat Schweiz, das Herr Blocher als Mitglied einer in den Jahren 1860 aus Deutschland in die Schweiz migrierten Familie mitgenommen hat. Sie tragen das Gedankengut eines anderen Volkes in sich. Integration sieht für mich anders aus.

Wollte man das Bild einer Unternehmung bemühen, wären Schweizerinnen und Schweizer die Aktionäre – sicherlich aber nicht die Mitarbeiter. Bei der Haltung Rietikers und jener, die hinter seinem Auftrag stehen, wird auch klar, warum der Rahmenvertrag mit der EU den «Mitarbeitern» nicht vorgelegt wurde: Nur in einer Unternehmung sind Beförderung, Entlassung, wie auch Entlöhnung der Mitarbeiter Sache des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung, jedoch nicht in einer Demokratie.

Leider befindet sich die Schweiz genau auf dem Weg der Ideen, die dieser Oberst und seine Auftraggeber verbreiten – unwidersprochen in der Arena sowohl vom Moderator und den Gegnern Rietikers. Mitarbeiter eines Unternehmens sind nach Rietiker nur Teil einer zu befriedigenden Masse, die für Gewinne zu sorgen hat – und nur in diesem Geist sind ihre Bedürfnisse zu respektieren. Dieses Bild auf die Bürgerinnen und Bürger der Eidgenossenschaft umzulegen, entspricht einer maximierten, elitären und verwerflichen Machtneurose!

Die Vorstellungen der Gegner Rietikers in der Arena über die Schweiz zeigten hingegen einen glaubhaften Willen zum Wohle des Landes.

Adrian Gasser
14. Oktober 2022