Das Entsendegesetz und die Veruntreuung von Bundesgeldern
Kurz erklärt
Worum geht es?
Im Namen des Bundes kontrollieren Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände regelmässig ausländische Arbeitgeber, welche Arbeitnehmende in die Schweiz entsenden. Dies wird im Entsendegesetz als flankierende Massnahme im Rahmen der Personenfreizügigkeit geregelt.
Die Strafklage enthält im Wesentlichen folgenden Sachverhalt:
1. Gesetz
Am 01.06.2004 trat das Entsendegesetz vom 08.10.1999 in Kraft. Artikel 7a, Absatz 3 legt limitierend fest, dass der Bund ausschliesslich 50 Prozent der von den Inspektoren verursachten Lohnkosten übernimmt. Bis heute ist dieses Gesetz mit der Limitierung der Kosten für den Bund unverändert. Eine öffentliche Ausschreibung dieses Staatsauftrags ist nie erfolgt.
Lohnkostenschätzung für die Inspektoren und somit rechtmässig maximal anfallende Kosten zu Lasten der Bundeskasse beziehungsweise der Steuerzahler aufgrund des Gesetzes:
von 2004 bis 31.12.2017
40 Inspektoren à ca. 120’000 Franken Jahresgehalt
= total CHF 4,8 Millionen (zunehmend bis Ende 2017)
Davon wären gemäss Gesetz 50 Prozent zu Lasten der Bundeskasse mit laufender Zunahme pro Jahr gerechtfertigt.
von 2018 bis heute
120 Inspektoren à ca. 130’000 Franken Jahresgehalt
= total CHF 15.6 Millionen
Davon wären gemäss Gesetz 50 Prozent, also ca. 7.8 Millionen, zu Lasten der Bundeskasse gerechtfertigt.
2. Verordnung
Die Verordnung zum Entsendegesetz datiert vom 21.05.2003 und beinhaltet ab September 2009, gültig ab 01.01.2010, einen neuen Artikel unter 16a, mit einer durch das Gesetz nicht gedeckten Bestimmung:
Zitat: “Die mit dem Vollzug von Gesamtarbeitsverträgen beauftragten paritätischen Organe und die mit der Inspektionstätigkeit nach Artikel 7a der Gesetzes beauftragten tripartiten Kommissionen müssen insgesamt 27’000 Kontrollen pro Jahr durchführen.” Diese Muss-Formulierung blieb unverändert bis 31.12.2017.
Fragen:
- Ist jemandem aus dem Volk bekannt, wie eine solche Muss-Bedingung entstanden ist und wer diese berechnet hat?
- Wer hat die wirtschaftliche Vision zu wissen, wie viele Kontrollen nötig sind und in welchen Kantonen?
- Hat je jemand in einer Arena-Sendung des Schweizer Staatsradios oder Staatsfernsehens je etwas zu einer Mindestanzahl von Kontrollen gehört oder gesehen?
- Welches Medium hat darüber berichtet, wenn überhaupt?
3. Erhöhung der Kontrollen
Am 23.08.2017, in Kraft seit 01.01.2018, wurde unter Artikel 16a die Zahl der Muss-Kontrollen von 27’000 um 8’000 auf 35’000 erhöht.
Fragen:
- Wie kam diese Muss-Erhöhung zustande?
- Welche Berechnungen lagen dieser Erhöhung zugrunde?
- Wurden die Muss-Kontrollen auf die Kantone aufgeteilt und wenn ja, auf welcher Grundlage? Wurde das Schweizer Volk jemals über diese Entwicklung informiert, zum Beispiel in einer Arena-Sendung?
4. Zusätzliche Feststellung
Nachwievor, seit Inkrafttreten des Entsendegesetzes am 1. Juni 2004 wird nirgends, auch nicht in der Verordnung, etwas an der dem Volk unterbreiteten Kostenlimite von 50 Prozent der Lohnkosten der Inspektoren geändert. Gesetzeskonform ist bis heute ausschliesslich eine Belastung der Staatskasse mit 50 Prozent der Lohnkosten der Inspektoren, grosszügig geschätzt mit rund CHF 6 Millionen (pro Jahr).
5. Bemerkung
Diese im Jahr 2010 eingeführten 27’000 Muss-Kontrollen, ab 01.01.2018 erhöht auf 35’000 Muss-Kontrollen, ist durch das Entsendegesetz nicht gedeckt. Unter keinem Aspekt ist diese Anzahl von Muss-Kontrollen begründbar, es sei denn, sie wäre mit einer gesetzeswidrigen Absicht verbunden. Die finanziellen Konsequenzen lassen sich, für das Volk versteckt, aus dem nachfolgend erwähnten Seco-Bericht errechnen:
Aus dem Bericht 2020 S. 20f 3.1.3 Finanzierung:
Zitat: „Die Kantone werden mit 50 Prozent der Lohnkosten für die mit den Kontrollen beauftragten Inspektoren entschädigt .“
Und dann, im Widerspruch zum vorherigen Satz – weder im Gesetz noch in der Verordnung enthalten:
Zitat: „Die Paritätischen Kommissionen werden ihrerseits über eine Pauschale in der Höhe von CHF 650.- je Kontrolle finanziert.”
6. Feststellung
Statt 50 Prozent der Lohnkosten für Inspektoren wird – ohne gesetzliche Grundlage – den Paritätischen Kommissionen ein Mehrfaches dessen bezahlt, was das Gesetz erlaubt, nämlich:
- 27’000 Muss-Kontrollen à CHF 650.- = CHF 17,55 Millionen p.a. (von 01.01.2010 bis 31.12.2017).
- 35’000 Muss-Kontrollen à CHF 650.- = CHF 22,75 Millionen (vom 01.01.2018 bis heute)
Diese Zahlungen sind gesetzlich nicht zulässige Zusatzkosten zu Lasten der Bundeskasse zusätzlich zu den 50% erlaubten Lohnkosten der Inspektoren.
7. Leistungs- /Subventionsvereinbarungen
Im Seco-Bericht 2020, S. 20f findet sich unter dem Titel „Flankierende Massnahmen, Finanzierung 3.1.3” der folgende Satz:
Zitat: “Die Bedingungen dieser Vergütung sind in den mit den Vollzugsorganen abgeschlossenen Leistungs-/Subventionsvereinbarungen geregelt…”
Bis heute ist es nicht gelungen, Details beziehungsweise Aufklärungen zu diesen Leistungs-/Subventionsvereinbarungen zu erhalten. Weder eine verfassungs- noch eine gesetzesmässige Grundlage für Subventionen, zu Gunsten zum Beispiel der Gewerkschaften, lässt sich finden. Diese Gelder aus der Bundeskasse zu je CHF 650.- pro Kontrolle sollen gemäss des Seco-Berichtes an die Paritätischen Kommissionen fliessen, welche sich aus Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern zusammensetzt. Wie die Paritätischen Kommissionen die Gelder weiterverteilen, beziehungsweise wer die Kontrollen durchführt, liegt gemäss Seco in deren Ermessen.
Eine Übersicht über die Inspektoren, jährlich und kumuliert, über deren Gehälter und weitere Details, woraus sich die effektive rechtliche Verpflichtung des Bundes von 50 Prozent errechnen liesse, ist bis jetzt nicht vorhanden oder schlicht nicht erhältlich.
8. Schätzung der veruntreuten Summe
Der Anzeigeerstatter schätzt die widerrechtlich aus der Bundeskasse abgeflossenen, veruntreuten Summen im Zeitraum zwischen dem 01.01.2010 und dem 31.12.2020 auf über CHF 200 Millionen.
Es stellt sich die folgende Frage: Wurde es mit dieser Muss-Kontrollen-Anzahl (Verordnung) und der geheimen Regelung (ausserhalb Gesetz und Verordnung) möglich, die Gewerkschaften, die UBS-Rettung (2009) und später die Ablehnung der Rahmenverträge (2017) stillschweigend zu dulden und bezahlen zu lassen?
Adrian Gasser, 14. Januar 2022, Zug