Der Fall CS: Unfähigkeit oder Korruption?

Gern lese ich die Artikel von Herrn Prof. Tobias Straumann.
Z.B.: «Die Illusion, dass Grossbanken ohne Staatsbeteiligung gerettet werden können» wobei folgendes ausgeblendet ist:

Dass die Revisionsstelle PwC am 14.03.2023, lediglich 5 Tage vor der Enteignung der Aktionäre der CS, dieser sowohl ein ausgewiesenes Eigenkapital von 43 Mrd. CHF wie auch ein uneingeschränktes Weiterbestehen attestiert hat, jedoch beim «Deal» vom 19.03.2023 mit der UBS nicht am Tisch sass. 

Weder der Bund noch die SNB behandeln diese Frage.
Im Gegenteil, die Aktionäre der CS sollen selbst schuld sein an ihrem gewaltigen Verlust, denn die Aktionäre der CS hätten einen anderen Verwaltungsrat wählen können. Worauf soll sich denn ein Aktionär bei der Wahl des VR stützen, wenn nicht auf eine attestierte vorbehaltlose Jahresrechnung durch eine von den Behörden besonders bevorzugte Revisionsgesellschaft? Die UBS erhielt am 19.03.2023 das grösste Geschenk, das sie sich planmässig perfekt mit Hilfe der SNB vorbereitet hat. 

Die SNB hat ihre Bilanz mit Zukäufen von Devisen und Aktien auf rund 1’000 Mrd. CHF erhöht und fährt dadurch hohe Verluste ein, verzichtet aber auf eine regulierte ganz oder teilweise Liquidation der CS.

Wieso hat die SNB auf die vermutlich grossen Gewinne verzichtet, die sich bei einer Finanzierung eines Rückbaus der CS durch die SNB ergeben hätten? Wollte die SNB vermeiden, die gewaltigen Verluste aus Devisenkäufe vorzeitig offenzulegen ansonst sie ihre Bilanz zwecks CS-Übergangsfinanzierung um weitere ca. 200 Mrd. CHF hätte erhöhen müssen?

Diese Haltung ignoriert aktienrechtliche Grundsätze, ignoriert die Souveränität der Schweiz und manipuliert die öffentliche Meinung, indem man die Täter dieses betriebswirtschaftlichen Wahns zu Helden macht.

Wieso geht die Staatsanwaltschaft nicht wie im Fall Vincenz (Raiffeisen Bank) vor, um Absprachen unter den Protagonisten des 19.03.2023 zu vermeiden?
Anstelle dessen wird das Volk vertröstet auf eine «Mei-Mei-Untersuchung» mittels einer PUK. Alsdann verschwinden Akten, bis alle Protagonisten gestorben sind. Wie in vielen anderen Fällen dürfen dann spätere Generationen vernehmen, wie schlimm es dannzumal in der Schweiz zugegangen sei.

Beim Interesse zu wissen, ob wir es im Fall CS mit Unfähigen oder mit Korruption zu tun haben, tippe ich auf das Zweite. Hätte ich in Sizilien eine eigene Mafia, so würde ich meine engsten Mitarbeiter zur Weiterbildung in die Schweiz schicken.


Adrian Gasser

Leserbrief Adrian Gasser NZZaS