Initiant

Warum ich die Justiz-Initiative lanciert habe

Schon als Kind fühlte ich mich sensibilisiert durch die Begriffe «Redlichkeit, Gewaltentrennung, Haltung und Gerechtigkeit».

Pontius Pilatus, der vor rund 2000 Jahren alle Macht, nämlich Exekutive, Legislative und Judikative, in seinen Händen hielt, war, ist und bleibt ein Schreckgespenst für jede nach Gerechtigkeit strebende Person.

Anfangs der 60er Jahre durfte ich als Revisionsassistent bei der Prüfung der Jahresrechnung der Pro Juventute mitwirken. Dabei stiess ich auf die Konten «Kinder der Landstrasse» und «Lawinenkatastrophe Binn Wallis». Insbesondere der Hintergrund von «Kinder der Landstrasse» wühlte mich auf. Organisiert, unterstützt, gefördert und finanziell bewerkstelligt durch höchste Persönlichkeiten der Schweizer Politik wurden hier unmenschliche Gewalttaten von den Schweizer Behörden begangen und gedeckt.

Offiziell und geheim, ohne jeden richterlichen Schutz, wurde den Müttern der Fahrenden sofort nach der Geburt ihr Kind von der Polizei regelrecht entrissen und irgendwo in einem Waisenhaus, bei Privaten oder als geeignet erachteten Institutionen versteckt. Jahrzehntelang suchten die um ihre Kinder beraubten Mütter und Väter zusammen mit der Sippe erfolglos nach ihren vom «Staat» entwendeten Kindern. Bei keinem Gericht fanden sie Schutz und Hilfe. Die höchsten Richter wirkten damals schon als verlängerter Arm der Behörden und Parteien. 

Später, in Paris und Brüssel, durfte ich die Enttäuschung jüdischer Kollegen miterleben, die bei Schweizer Banken versuchten, das Geld zu bekommen, das ihrer Überzeugung nach durch die im Holocaust umgebrachten Verwandten bei Schweizer Banken hinterlegt wurde. Ausser einer eiskalten Schalterhöflichkeit und richterlichen Unzulänglichkeiten erhielten sie nichts. 

Später, zurück in der Schweiz, in den 70er und 80er Jahren wie auch bis heute, erlebte ich dank meines Berufes als dipl. Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater und später Unternehmer, dass eine von Macht, Behörden und Parteien abhängige Justiz wirkt. So entstand bei mir schon Ende der 70er Jahre das Versprechen mir selbst gegenüber die Justiz-Initiative zu realisieren, falls ich es mir wirtschaftlich erlauben kann. Diese Initiative gelangt nun am 28. November 2021 zur Abstimmung.

Formuliert habe ich diese für die Schweiz dringende Änderung der Verfassung vor rund 30 Jahren in meinem Büchlein «Klare Meinung zu früh ausgesprochen» wie folgt:

«Revision des Justizwesens mit Richterwahlen durch das Los, basierend auf anerkannten Qualifikationskriterien und erschwerter Abwahl. Weg von der grassierenden Wahl der Richter nach praktisch rein politischen Kriterien.»

Diese Zielsetzung erfüllt die Justiz-Initiative zum Wohle der Rechtsstaatlichkeit und der Gerechtigkeit zugunsten der Rechtsuchenden, auch und besonders gegenüber der Allmacht des Staates, der von den politischen Parteien gesteuert wird.
Ich liebe meine Schweiz mit ihren Institutionen. Wir haben viel Gutes wie auch viel Bedenkliches in unserem Gemeindewesen, den Kantonen und dem Bund. Wir haben auch viele respektable Gerichtsurteile. Doch dies nicht wegen des Systems, sondern trotz des Systems.

Adrian Gasser

29. September 2021